Tag 17, 22.08.2012: Skjolden – Voss/Tvinne
gefahrene km (Tag): 97,43     | gefahrene km (ges.): 1516,07     |
Fahrzeit: 5:00h     | ø Geschw.: 19,4 km/h     |
Höhenmeter: 1125     | max. Geschw.: 59,0 km/h     |
ø Steigung: 5%     | max. Steigung: 20%     |
Übernachtung (Zielort):  | Camping Tvinne (140 NOK)     |
Wetter:  | Zunächst einzelne leichte Schauer und trüb, am Nachmittag nass und regnerisch, Abends aufklarend. Schwach windig, 15°C     |
Fähren:  | Lustrabaatane Urnes-Solvorn (32 NOK); Fjord1 Fylkesbaatane Kaupanger-Gudvangen (160 NOK)     |
Der Eintragin mein Reisetagebuch für den 22. August 2012 beginnt mit den Worten "Fuck! Fuck! Fuck! Nächstes Mal fahre ich wieder ans Mittelmeer...". Wie kam es dazu? Bei nächtlichem Dauerregen wurde ich morgens um 4 von von der Decke trotpfendem Kondenswasser geweckt. Dadurch habe ich dann natürlich im folgendem verschlafen und rolle erst gegen 10:30 vom Campingplatz los. Da ich ein paar Kilometer Buchtumfahrungen und einen Anstieg sparen kann, entscheide ich mich dieses Mal für das Südufer des Lustrafjords um dann an der Fährstelle Ulnes-Solvorn wieder auf die Route der Hinfahrt auf dem Nordufer zu wechseln. Die Straße auf dem Südufer erweist sich als deutlich schöner, auch wenn die Tunnels enorm Dunkel sind. Mein Frontscheinwerfer produziert zwar eigentlich einen üppigen Lichtkegel, allerdings schlucken die dunklen Felswände im Tunnel dieses fast restlos weg, so dass ich mehrfach überprüfe, ob mit meinem Licht irgendetwas nicht in Ordnung ist. Auch an Fahrbahnmarkierungen fehlt es vollkommen, so dass man manchmal wirklich nur raten kann, wo die Straße weiter geht und etwas Angst haben muss, in die Tunnelwand zu krachen. Ich lasse mir von meiner Schwester die Fahrzeiten der Fähre in Ulnes ergoogeln und spute mich die 12:30-Abfahrt – die letzte vor der Mittagspause – zu erwischen, was auch problemlos klappt. Wie der kleine Nachen die laut meiner Schwester im Internet angegebenen 12 Autos fassen soll, ist mir allerdings ein Rätsel: Die 4 Fahrzeuge, die aufwendig rückwärts auf das Schiff rangieren mussten, füllen das Schiffchen bereits zu mehr als der Hälfte. Um 12:47 legen wir in Solvorn an. In irgendendeinem Prospekt habe ich die Information gelesen, dass die Fähre von Kaupanger nach Gudvangen um 14:20 Uhr ablegt. Es bleiben somit genau 93 Minuten Zeit für die 30 km von Fähre zu Fähre, inklusive 2 Anstiegen a 200 Höhenmeter. In den kommenden 1 ½ Stunden rechne ich permanent aus, welche Durchschnittsgeschwindigkeit ich bis zum Anleger in Kaupanger halten muss und wann welcher Punkt der Strecke erreicht werden sollte, damit ich noch eine Chance habe, die Fähre zu erwischen. In der Regel werden die selbstgesetzten Wegmarken mit zwei bis drei Minuten Verspätung erreicht, zu früh zum Aufgeben, aber zu spät um sich Verschnaufpausen zu gönnen. Besonders im finalen Anstieg zwischen Sogndal und Kaupanger ist die Notwendigkeit, die Geschwindigkeit nicht zu oft unter ca. 12 km/h fallen zu lassen nur noch mit sehr viel Disziplin zu erfüllen. Als ich gegen 14:10 Uhr die N5 an der Ausfahrt "Kaupanger" verlasse, weiß ich, dass ich es geschafft habe. Noch ca. 2 km bis zum Fähranleger hinab in den Ort, durchgehend mit starkem Gefälle. Und... ein leerer Fähranleger. Susie reiht sich irgendwo mitten auf den noch komplett leeren 5 Abfertigungsspuren richtung Gudvangen ein. Kein einziges anderes Fahrzeug weit und breit. Lediglich ein kleines Grüppchen Backpacker sitzt am Straßenrand. Alsbald werden wir von der Fährbediensteten über den Grund der gespenstischen Leere in Kenntnis gesetzt: "You know, that the ferry will leave at 4 pm today?". Nö, wusste ich nicht. Eigentlich ist es an der Zeit für einen Nachmittagssnack. Ich frage deshalb nach einem Supermarkt zur Überbrückung der Wartezeit. Leider ist der nächste Laden das vor knapp 10 Minuten am Wegesrand gesichtete Einkaufscenter an der N5. 2 km wären an sich ja auch kein großes Thema, selbst bergauf sollte das in 1 ½ Stunden keine große Herausforderung darstellen. Aber nach dem 90-Minuten-Am-Limit-Sprint kann ich mich einfach nicht mehr aufraffen. Der kleine Imbiss am Hafen bietet eine Waffel und eine kleine Cola für zusammen knapp 10 Euro. Unter den gegebenen Umständen betrachte ich dies als einen sehr attraktiven Preis. Um kurz vor 4 kommt dann die Fähre gemütlich angetuckert. Susie findet ihren Platz auf dem wieder nur spärlich gefüllten Fahrzeugdeck. Ich mache es mir auf dem Passagierdeck gemütlich, denn die Überfahrt soll laut Fahrplan gute 2 Stunden dauern. Zwischendurch wird immer mal wieder an kleineren Häfen am Fjordufer angelegt. Unter anderem auch in Frønningen, das nur durch diese eine Fährabfahrt am Tag mit dem Rest der Welt verbunden ist. Leider hat einer der wenigen Bewohner Frønningens sie an diesem Tag verpasst. Aber das macht nix! Denn ca. 5 bis 10 Minuten nach Verlassen des Fährhafens – der Dampfer hatte schon wieder seine volle Reisegeschwindigkeit erreicht – wird dieser Umstand durch das Fährpersonal bemerkt. Also – zur Verwunderung aller Reisender – flux nochmal den Gashebel auf volle Kraft zurück gelegt und zurück nach Frønningen. Gemütlich zuckelt das Anhängergespann auf's Schiff und dann kann es schließlich wirklich in Richtung Gudvangen weiter gehen. Bald wird der Sognefjord verlassen und es geht in einen Seitenarm in Richtung Aurlandsfjord, von dem das Schiff dann wiederum in den Nærojfjord abbiegt. Leider wird das Wetter mit Einfahrt in letzteren extrem ungemütlich und somit lässt sich der als Weltnaturerbe anerkannte Nærojfjord nur sehr eingeschränkt aus dem Inneren des Schiffes genießen. Mit Verspätung trifft das Schiff in Gudvangen ein. Der Tageskilometerstand ist noch deutlich zu niedrig. Außerdem steht der Plan, die Restdistanz bis Bergen bis zum Schlafen gehen noch auf gut 100 km klein zu fahren, so dass einem Erreichen von Steffis warmer und trockener Wohnung in Bergen am Folgetag nichts mehr im Wege steht. Somit streife ich mir die Wa(r/h)nweste über und begebe mich mit südwärtigem Kurs auf die E16. Nach einiger Zeit setzen Schauer ein. Schön ist anders, da ab morgen aber ja zivilisatorischer Luxus winkt, spielen unter der Regenkleidung müffelig gefahrene Klamotten und nass gewordene Ausrüstungsgegenstände nun keine Rolle mehr. Ich beschließe deshalb, ohne Rücksicht auf Verluste weiter zu fahren. Zu allem Überfluss stellt sich nach wenigen Kilometern heraus, dass der auf der Karte relativ harmlos aussehende 300m-Anstieg wegen eines für Radfahrer gesperrten Tunnels auf der Vorgängerstraße umfahren werden will. Diese führt zwar kaum höher, dafür überwindet sie die gut 300m Höhendifferenz allerdings in Form eines knapp 2km langen 20%-Anstieges. Während ich Susie die endlosen engen steilen Serpentinen hinauf schiebe (Klickpedalschuhe und triefnasse 20%-Straßen sind definitiv keine Idealkombination...), habe ich noch einmal ausgiebig Zeit, mir Gedanken zu machen, warum ich nicht einfach wie immer in den sonnigen Süden in den Urlaub gefahren bin – und ich finde keine Antwort auf diese Frage. Immerhin hört es auf der anderen Seite des Berges auf zu regnen. Leider hat mich der Anstieg etwas zu viel Zeit gekostet, was mich um die Möglichkeit bringt, auf der anderen Seite des Berges noch einmal Nahrungsmittel aufzufüllen. In der Abenddämmerung erreiche ich den Campingplatz in Tvinne, kurz vor den Toren von Voss. Ich habe jegliche Lust verloren, auch nur noch einen Kilometer weiter zu fahren und beschließe, hier mein Zelt aufzuschlagen. Der Campingplatz befindet sich direkt an einem Wasserfall, der offensichtlich eine lokale Touristenattraktion darstellt. Als ich gerade fertig mit dem Zeltaufbau bin, hält ein Reisebus neben der Rezeption. Touristen strömen aus ihm heraus und stürzen sich mit ihren Digitalkameras auf den Wasserfall. Auf ihren Bildern werden sie später am Rand einen ziemlich abgeranzt aussehenden Reiseradler finden, der sich mit letzten Kräften eine Tüte Erdnussflips als letzte an der Rezeption noch erhältliche Kalorienquelle reinstopft. weiter...