Tag 5: Global Warming zum dahinschmelzen
Ich wache ohne Muskelkater auf, was mich endgültig zu der Entscheidung bewegt, die Option Furkatunnel mit der Bahn endgültig zu streichen. Nachdem gestern mir relativ harmlos erschien, traue ich mir die heutige Etappe mit Gepäck auch aus eigener Kraft zu. Ich hatte zuvor noch so einige Zweifel, da ich die Wochen vor der Abfahrt eigentlich viel zu wenig gefahren war und Angst hatte, dass meine Kondition nicht ausreicht. Unbegründet.
Nach Käse-Müsli räume ich dann meine weiträumig vertelten Sachen zusammen, baue mein trockenes Zelt ab und verstaue meine Sachen wie gehabt auf den beiden Gepäckträgern. Nathalie schenkt mir zum Abschied noch eine Schoggi, weil ich ihr bei der Suche nach ihrem vom herbergseigenen Kind verschleppten Schlüssel geholfen habe.
Diesmal biege ich dann am Kreisverkehr rechts ab und erreiche nach ca. 3 km Realp. In Realp suche ich dann zunächst noch den örtlichen Tante-Emma-Coop auf und versorge mich mit 3 Litern Trinkwasser. Ich halte dies für einen guten Kompromiss zwischen Gewichtsparen und nicht verdursten. Das Wetter ist heute zum Glück, nachdem es gestern schon DEN GANZEN TAG nicht geregnet hat erstmalig richtig schön. Nachdem ich am Ortsausgang von Realp die Autoverladestation des Furkatunnels passiert habe, beginnt die Strasse instantan brutal anzusteigen. Wenig später kann ich hinter mir schon das ganze Tal überblicken. Die Furkastrasse ist, obwohl sie sich auch als Bundesstrasse bezeichnen darf, deutlich schmaler und kehrenreicher als die Gotthardstrasse, aber noch gerade zweispurig. Der Verkehr ist auch hier überschaubar, wodurch ich den Umständen entsprechend entspannt dahinstrampeln kann. Rechts und links bimmeln Kühe vor sich hin. Zwischenzeitlich überlege ich mir mal ein Stück zu schieben, um mich nicht gleich am unteren Ende des Passes allzu doll zu verausgaben. Ich merke allerdings relativ schnell, dass meine Fahrradschuhe doch eher zum Fahrradfahren als zum Fahrradschieben konstruiert sind und beschließe deshalb wieder zu fahren, was ich dann auch fast den gesammten Rest des Aufstiegs durchhalten sollte. Nach der ersten Kehrengruppe erreiche ich nach ca 500 Höhenmetern den Ort Tiefenbrunn, der eigentlich nur aus einer Gastwirtschaft besteht. Dann sehe ich vormir, allerdings noch in einiger Entfernung bereits die Furka-Passhöhe.
ca 4 km später, für die ich so in etwa noch ein halbes Stündchen brauche, erreiche ich den Prakplatz an der Kantonsgrenze Uri/Wallis. Ich suche mir ein Plätzchen auf einem Felsen und nehme ein wenig feste Nahrung zu mir und genieße dabei den Ausblick auf die sich nun mir präsentierenden schneebedeckten 4000er der Walliser und Berner Alpen. Nachdem ich mich satt gegessen und gesehen habe, bereite ich mein Fahrrad auf die nun folgenden 20 km Abfahrt vor und tausche dafür die hinteren Bremsklötze gegen einen Satz der in Andermatt erworbenen aus. Dann mache ich mich auf den ersten Teil der Abfahrt, zunächst bis zum Hotel Belvedere. Von dort führt ein Fussweg hinab zum Rhonegletscher, oder besser gesagt dem, was davon noch übrig ist. Schilder entlang des Weges markieren die Punkte an denen der Weg einst den Gletscher erreichte. Schon das erste, gerade einmal 50 Jahre alt, lässt mich erschrecken. Es steht mehrere Hundert meter vor dem Eingang zur in den Gletscher geschlagenen Eisgrotte. Der Schreck relativiert sich allerdings schon hinter dem nächsten Felsen. Am Schild von 1990.
Nachdem mich der Gletscher wieder ausgespuckt habe und ich mir einen Weg durch die soeben mit einem Postbus eingetroffene Horde Japaner gebahnt habe, stürze ich mich in den eigentlichen Hauptteil der Abfahrt. Diese ist ein ganzes Stück interessanter als die Gotthardnordabfahrt, da beim ersten Abschnitt doch einige Kehren aufweist. Mein Fahrrad freut sich über die neuen Bremsen, da einfach Rollen lassen, wie auf der geraden übersichtlichen Gotthardstrasse hier nicht drin ist. Außerdem sind heute noch zusätzliche 30 kg Gepäck um die Kurven zubringen, und somit heißt es vor jeder Kehre scharf auf höchstens 25 km/h runterzubremsen. Nach ca 800 Höhenmetern erreiche ich den Ort Gletsch, der so heißt, weil der Gletscher hier vor gar nicht so langer Zeit (Mitte des 19. Jhdts) noch endete. Heute muss man viel Phantasie aufbrngen, um ihn oben im Hang noch zu sehen. nach kurzem Stopp an der Touriinfo fahre ich weiter talabwärts und erreiche somit das Goms. Dieser Teil des oberen Rhonetals ist vor allem für seine urtümlichen Dörfer mit einer Vielzahl ursprünglicher Holzhäuser bekannt. Nachdem ich eine Unzahl dieser äußerst malerischen Siedlungen passiert habe erreiche ich irgendwann den ersten größeren ort., Fiesch am Eggishorn, wo ich mich auf dem Campingplatz einquartiere. weiter...