Tag 15: Grenzhopping: In welchem Staat bin ich denn grade?
Nach dem Abbau geht es weiter Rheinaufwärts. Kurz hinter Schaffhausen reise ich nach Deutschland ein. Allerdings merke ich davon nix. Nur stelle ich irgendwie auf einmal erstaunt fest, dass die Straßenschilder gewechselt haben. Ich befinde mich nun in der Gemeinde Büsingen, der einzigen Gemeinde Deutschlands mit eigenem Autokennzeichen. Diesen Sonderstatus und das Fehlen jeglicher Grenzkontrollen verdankt Büsingen der Tatsache, dass es komplett von Schweizer Territorium umgeben ist. Schnuckelige 17km misst die Grenze der Enklave, die gleichzeitig Gemeinde-, Staats- und EU-Außengrenze ist. Irgendwo innerhalb besagten Stückchen Landes biege ich auf einen Waldweg ein. Nach Passage des Wäldleins führt der Schotterweg einige Meter über eine Wiese. Auf dieser passiere ich einen Schlagbaum und ein Schild mit der Aufschrift "Bundesrepublik Deutschland". Jetzt bin ich verwirrt, wähnte ich mich doch schon seit einiger Zeit dort. Was mir nicht aufgefallen war: 200m zuvor habe ich mit der Waldgrenze auch ein weiteres Mal die EU-Außengrenze passiert, und befand mich somit für 200m wieder auf schweizerischem Territorium. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich dachte, mich in einem anderen Staat zu befinden, als ich es wirklich bin. Ich gehe mal davon aus, dass man in Büsingen bis heute so gut wie ausschließlich vom Schmuggel lebt... und wenn nicht, dann hat man selber Schuld.
Die nächste Grenzüberquerung erfolgt mitten im Wald, ebenso ungesichert wie die vorherigen. So allmählich geht mein Vertrauen in die angeblich doch ach so toll gesicherten EU-Aussengrenzen den Bach hinunter. Man könnte glatt anfangen sich zu ärgern, dass man keierlei Drogen oder Hehlerware mit sich führt. Nach einiger Zeit erreiche ich mit Stein am Rhein ein Zwischenziel des heutigen Tages. Die pittoreske Fachwerk-Altstadt ist ihr großer Besuchermagnet. Mit Ausnahme der leichten Verrotenburgobdertauberung ist es auch wirklcih recht nett.
Nach kurzem Ergötzen an historischer Bausubstanz erfolgt kurze Zeit später bei Ramsen - man kennt es vom Hinweg - die ultimativ letzte Grenzquerung dieser Reise. Wie sich herausstellt, hätte man den Weg von Singen nach Ramsen vor zwei Wochen deutlich kürzer haben können. Am noch nicht allzuweit fortgeschrittenen Nachmittag checke ich in der Jugendherberge Singen ein. Den Rest des Nachmittags erfreue ich mich zunächst an der belebten Innenstadt Singens. Nun mag der geneigte Leser denken, dass Singen vorsichtig ausgedrückt nicht soooooooo die Weltmetropole ist, nach 2 Wochen Schweiz kommt einem ein standardgemäßer Deutscher Mittelstadt-Karstadt aber schon vor wie das reinste Shopping-Paradies. Um den sportlichen Teil nicht am letzten Tag noch zu kurz kommen zu lassen, erklimme ich noch den Hohentwiel. Wer sich näher über diesen informieren möchte, wird bei Wikipedia auf die Information stoßen, dass es sich hierbei um den "Schlotpfropfen" eines ausgedienten Vulkankegels handelt (diese Information an sich mag zwar vermutlich nur für den wie mich geologisch vorbelasteten Leser von Interesse sein, aber das schöne Wort "Schlotpfropfen" konnte ich einfach nicht ungenutzt bei Wikipedia verstauben lassen ;-) ). Oben gibt es eine Burgruine, und einen netten Ausblick über den Hegau, den Bodensee, und ein letztes Mal zurück auf die schweizerische Voralpen-Hügellandschaft, die mich in den letzten Tagen seit Fribourg begleitet hat.
Und das wars dann auch schon. Tag 15 lohnt bereits der Überschrift nicht mehr. Er besteht eigentlich nur noch darin, dass ich mich von 101 083 durch Deutschland ziehen lasse. Wieder komme ich in den Genus des Ausflugspakets "einhundert deutsche Kleinstadtbahnhöfe" und so dauert es bis zum Abend, bis mich der herbstliche Norden zurück hat.