Tag 12: Hauptstadtflair
Der nächste Tag beginnt mit dem Besuch des kleinen örtlichen Fahrradladens des 3 km zurück gelegennen Örtleins Bulle. Dort spricht man Französisch. Ausschließlich versteht sich. Super Sache! Wo doch jeder weiß, was "Kettenverschlußglied" auf französisch heißt. In der Schule lernt man ja sinnigerweise nur so Nützliche Vokabeln wie "des artichots" (Artischocken) oder "faire du troitoire" (auf den Strich gehen). Mit Händen und Füßen und durch verzweifeltes Zeigen auf die zerfetzte Kette versteht der Verkäufer dennoch relativ rasch was Sache ist. kurze Zeit später verlasse ich mit einem Fahrrad, das jetzt wieder Geschwindigkeiten oberhalb von 30 km/h erreichen kann und der Information, dass es auf direktem wege nach Schaffhausen noch 228 km wären, den Werkstattladen. Mein nächstes Ziel ist wieder im Nachbarort Gruyere, dessen Ortskern (der Campingplatz lag etwas außerhalb) ich jetzt ansteuere. Dieses liegt auf einer kleinen steilen Anhöhe, die sich ca. 100 m über das Tal erhebt, und auf der sich, von einer Mauer umringt, ein schmuckes Altstädtchen versteckt (sofern man bei 1500 Einwohnern schon von einer Stadt sprechen kann...). Gekrönt wird das Ensemble von Chateau Gruyere (1139 erbaut, 1493 abgebrannt und wiederaufgebaut), dessen Besuch der Reisende auf keinen Fall verpassen sollte.
Nach vollendeter Schlossbesichtigeung rolle ich bergab und bringe mein Fahrrad vor der direkt am Fuße des Altstadthügels gelegenen Käserei zum stehen. Leider teilt man mir mit, dass die Käser derzeit Mittagspause hätten und es damit derzeit leider nur stehende Produktionsanlagen zu sehen gäbe, was nach Auskunft der Frau an der kasse nicht sonderlich spannen sei. Da ich noch ein paar Kilometerchen für den Tag geplant habe und deshalb keine 2 Stunden warten möchte, verzichte ich auf eine Besichtigung. Stattdessen rolle ich Zügig die gut 30 km ins nahegelegene Fribourg - oder wie der wunderschöne deutsch Name lautet "Freiburg im Üechtland". Die Stadt wird übrigens von der Sprachgrenze durchschnitten, weshalb wirklich beide Bezeichnungen Sinn machen. Wider erwartet erwartet mich in der 33.000-Einwohnerstadt das pralle Leben, was wohl im wesentlichen darauf zurückzuführen ist, dass die Stadt Universitätsstandort ist. Zunächst Verirre ich mich ein wenig, folge einer verlockenden Abfahrt, und lande zunächst in dem idyllischen Stadtteil Neuveville, der in einer schleife der Sarine vor sich hin schläft. Die Innenstadt liegt nur ca 100 m nördlich und ungefähr genausoweit oberhalb. Da die Standseilbahn, die kurioserweise mit Abwasser angetrieben wird, dummerweise keine fahrräder befördert schleppe ich mich also den Steilen Anstieg nach oben aus eigener Kraft nach oben. Dort erwartet mich die eigentliche Innenstadt mit einer sehr belebten Fußgängerzone, in der ich neben einem fliegenden Minibagger nach langer Zeit mal wieder ein mehrstöckiges Kaufhaus erblicke (immerhin 5 Etagen!!!). Den Abschluss der Stadtbesichtigung stellt eine Besteigung des Turmes der Kathedrale St-Nikolas dar,von dessen Aussichtsplattform sich ein reizvoller Rundumblick über die Stadt offenbart. Dann geht es zurück aufs Rad und weiter durch seichte Hügellandschaft, bis ich am Abend die Weltmetropole Bern erreiche, wohl eine der provinziellsten Hauptstädte der Welt. Nachdem das Zelt auf dem Campingplatz im Stadtteil Wabern aufgestellt ist, mache ich mich nochmal auf den Weg in die Innenstadt und schaue mir Bärengraben, Zytgloggeturm und - etwas gruselig - den "Kindlifresserbrunnen" an. weiter...