25. August 2008, Refuge a Sega - Callacuccia
Nach dem Frühstück geht es instantan steil bergauf, vorbei an Kühen, korsischen Halbwildschweinen (dem hier gesellschaftsfähigen, da - wie wir später feststellen sollten - sehr schmackhaften Produkt der Vereinigung von freilaufenden Haus- und Wildschweinen) und sonstigem Viehzeug, das uns auf dem Weg hinauf zum Bocca a l'Arnella in reicher Anzahl begegnet. Nach weiteren gut 400 Höhenmetern auf schmalen Gebirgspfaden erreichen wir bald die Passhöhe in 1592 m Höhe. Vor uns offenbart sich ein beeindruckendes Panorama aus dem Monte Cinto, dem mit 2706m höchsten Berg Korsikas, und seinen Geschwistern. Der Platz lädt zum Verweilen ein, so dass wir für ein Weilchen auf einem Felsen Rast machen und uns die Höhensonne auf den Pelz scheinen lassen. Mangels geistiger Getränke feiern wir das Bergfest durch Anstoßen mit einem Apfel. Nach ausgiebiger Rast geht es durch weiterhin anspruchsvolles Gelände bergab, und schon nach wenigen Schritten offenbart sich vor uns der Stausee von Calacuccia. Der Abstieg endet, da uns die Steinmännchen zwischenzeitlich einmal verlassen, nicht ganz unblutig. Wir gewinnen jedoch den Kampf gegen das dornige Gestrüpp, dass sich uns in den Weg stellt, und erreichen am Nachmittag Calacuccia, wo wir uns auf dem örtlichen Campingplatz niederlassen. Nach kurzer Regenerationsphase und Aufbau des Zeltes machen wir uns auf den Weg in den Ort, um unsere Nahrungs- und Brennstoffvorräte aufzufüllen. Trotz der überschaubaren Größe des Bergdörfchens (300 Einwohner), können wir beim örtlichen Kaufmann alle Punkte unserer Einkaufsliste (einschließlich so ausgefallener Positionen wie Spiritus) abhaken. Als wir zum am Ortsrand gelegenen Campingplatz zurückkehren, stellen wir mit Schrecken fest, dass das Pärchen, das bei unserer Ankunft an der Tankstelle gegenüber auf eine Mitfahrgelegenheit wartete, dort immernoch steht. Unsere Zweifel an der erfolgreichen Umsetzbarkeit gleicher Pläne für den folgenden Tag intensivieren sich, als die beiden kurz darauf neben uns ihr Zelt aufbauen. Eine kurze Konversation, bei der jedes noch vorhandene Fragment meines selbst in besten Zeiten höchstens einige hundert Vokabeln umfassenden Schulfranzösich zum verzweifelten Einsatz kommt, bringt uns die Information, dass die beiden den gesamten Tag erfolglos an der Tankstelle verbracht haben, und nun am nächsten Tag in den frühen Morgenstunden mit dem einzigen Bus des Tages weiterfahren werden. Immerhin haben sie es aber schon von Reims trampenderweise bis hierher geschafft, was uns dann doch noch zumindest ein Quäntchen Hoffnung lässt, am Folgetag erfolgreicher zu sein. Nachdem wir uns ein wenig erfrischt haben, machen wir uns noch ein weiteres Mal auf den Weg Richtung Downtown Calaccucia, da wir beschlossen haben, uns als Belohnung für die erfolgreiche Bezwingung des Bocca a l'Arnella ein landestypisches Abendessen und dem Trangia einen Tag Pause zu gönnen. Wir haben das "U Valdoniellu" auserkoren, das eine reichhaltige Auswahl an Spezialitäten feil bietet. Wir entscheiden uns für die bereits zuvor erwähnte Wild-/Hausschwein-Kreuzung, die in diesem Fall allerdings die saftige Almwiese gegen ein Bett aus wohlschmeckenden Esskastanien getauscht hat. Dazu gibt es einen Cap Corse (ein landestypischer Kräuterliquer) als Aperitif und ein Fläschchen des sehr schmackhaften Hausweins des Valdoniellus sowie einer kleinen aber leckeren Käseplatte als krönenden Abschluss. Gut gesättigt geht es danach zurück zum Campingplatz, wo wir noch ein wenig vor dem Zelt den lauen Sommerabend genießen. Ein kleines Schlückchens des Inhalts von Timos Flachmann – ursprünglich für Krisen- und Frustsituation vorgesehen – kann dank mangels ebensolcher im bisherigen Reiseverlauf als "Absacker" und zur Neutralisation eines zuvor verkosteten Fehlkaufs (Logbucheintrag: "Von Wein in Literflaschen sollte in Zukunft Abstand genommen werden") aus dem örtlichen Kaufmannsladens missbraucht werden. Der Abend klingt – fast möchte man schon sagen "traditionell" – gemütlich aus. weiter...