Tag 11: Rückflug
Am nächsten Tag gibt es dann nur noch ein wenig Shopping in Scottsdale, inklusive eines weiteren Besuchs des Shirt-Ladens. Noch ein letzter Burger, dann machen Joe und ich uns auf den Weg Richtung Flughafen. Kurz nach dem Mittagessen erreichen wir rechtzeitig vor Abflug das Mietwagen-Parkhaus am Rande des Phoenix Sky Harbor International Airport. Nach schwerem Abschied von Joe geht es mit dem Shuttlebus die gut 2 Meilen zum Terminal, der Checkin am automatischen Terminal verzögert sich noch kurz, weil selbiges meinen schönen neuen Reisepass nicht einlesen will, und dann ist es auch schon keine halbe Stunde mehr bis zum Beginn des Boardings. Ich nutze die Zeit, um schonmal meinen Wohnungsschlüssel wieder aus der Versenkung hervorzukramen und etwas weiter oben im Rucksack zu plazieren. Wohnungsschlüssel? Verdammt? Wo zum Teufel... Urplötzlich wird mir klar, dass ich mein gesammtes Schlüsselbund am Beginn meines Urlaubs an einem sicheren Platz deponiert habe, wo es auf keinen Fall verlorengehen kann... nämlich in Joes Handschuhfach. Es ist auch nicht verloren gegangen, sondern liegt noch immer dort. Ich wäge kurz ab, welche Schlüssel an dem Bund alles dran hängen und beschließe dann, dass es das 10%ige Risiko den Rücklug zu verpassen wert ist, den Versuch einer Wiederbeschaffung zu starten. Das Gepäck wird ganz schnell auf dem riesigen Haufen vor der Sicherheitskontrolle vor dem Gepäckförderband plaziert, ich stürze mich in den nächsten Shuttlebus, der sich auch alsbald auf den Weg macht. Ich stolpere die Rolltreppen ins Parkhaus hinab, wo ich Joe vor einer Woche in Empfang genommen habe. In sich überschlagendem Englisch schildere ich die Problematik. Man verweist mich auf einen Mann mit ausgeprägter Hasenscharte, die seine Rückfragen für mich nicht-Muttersprachler nahezu unverständlich machen. Wertvolle Sekunden verrinen mit jeder unverstandenen Frage seinerseits. Nach einer gefühlten halben Woche macht er sich auf den Weg zur Rücknahmezone, wo Joe erwartungsgemäß nicht mehr steht. Nach nochmaliger Beschreibeung der genauen Position meines Schlüsselbunds, macht er sich daran, das Parkhaus zu durchforsten. Ich mache mich indess auf den Weg zum Lost&Found-Büro, um meine Personalien dort aufnehmen zu lassen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, ich warte bis zur allerletzten Minute. Es hilft nix, ich muss los. Gerade noch rechtzeitig kommt der Hasenscharten-Mann die Rolltreppe hoch gehetzt. In der Hand mein Schlüsselbund. Gott sei dank. Ich bedanke mich so überschwenglich dies in einer fremden Sprache innerhalb von 7 Sekunden geht, hetze zum Shuttlebus, frage den Fahrer nach der Abfahrtszeit, was eine Rückfrage nach meiner geplanten Abflugzeit seinerseits provoziert. Meine Antwort (“The boarding will start in less than 10 minutes...”) erzeugt eine gewisse Panik seinerseits, in einem beeindruckenden Tempo werden schnell die letzten 3 Koffer, die noch mit sollen, in den Bus gewuchtet, dann geht es SOFORT los, und gute 5 Minuten später treffen wir am Terminal ein. Ich habe mich bereits zuvor mit einem außerordentlich warmen Händedruck für sein Engagement bedankt, stürze aus dem Bus, sprinte ins Terminal, hinauf zur Sicherheitskontrolle, und hoffe, dass mich niemand vom Sicherheitspersonal wegen meiner verdächtigen Geschwindigkeit verhaftet. Zum Glück piepst bei mir mal wieder nix, so dass ich meinen Mittelstreckenlauf zum Gate unverzüglich fortsetzten kann. Dort wartet noch eine Riesenmenschentraube darauf, dasb verspätet angekommene Flugzeug besteigen zu dürfen. Im patriotischen Jubelsturm der Amerikaner, ob der zwei gerade dem Flugzeug entstiegenen GIs, beginnt sich eine gewisse Erleichterung meinerseits breit zu machen. Ein knappes halbes Stündchen später falle ich erschöpft in die in die Jahre gekommenen Sessel einer Boeing 757-300. Am Spätnachmittag lande ich zum Umsteigen im immernoch tief verschneiten Minneapolis. Die Frisur sitzt... Nach dem Abendessen an Bord eines gewohnt gut ausgestatteten Airbus A330 gibt es noch ein Filmchen, dann ne Mütze Schlaf, und dann ist nach gut 8 Stunden Flugzeit auch schon bald Amsterdam erreicht. Der letzte Umstieg ist ein wenig drollig, wird doch der mit 8 Sitzreihen in der Breite ausgestattet Interkontinentaljet der Northwest Airlines gegen eine Fokker 50 von KLM cityhopper eingetauscht, die ungefähr das gleiche an Sitzreihen zu bieten hat, allerdings in der Länge. Das ganze wirkt von der Größe her eher wie ein propellergetriebener Reisebus denn wie ein Flugzeug. Ich denke noch kurz “Mist, nicht schon wieder Bus statt Flugzeug”, bin dann aber beruhigt, als sich das Maschinchen doch als flugfähig erweist. Vielleicht hat allerdings auch nur ein Schlagloch zu einem kurzzeitigen Verlust des Bodenkontaktes geführt, denn wenige Minuten nachdem die Reiseflughöhe erreicht ist, wird auch schon wieder zum Sinkflug übergegangen. An einem nordischen, aber dennoch einigermaßen freundlichem Wintervormittag hat mich Schleswig-Holstein um einen Kontinent erfahrener zurück. Fehlen noch Afrika, Südamerika, Australien und die Antarktis...