Tag 7: Grand Canyon zum Zweiten
Den nächsten Tag beginne ich nach dem Frühstück mit einem Umzug vom Du Beau ins Grand Canyon International Hostel. Nicht dass es mir im Du Beau nicht gefallen hätte – im Gegenteil – die Herberge schließt jedoch saisonbedingt, und so hatte man mich schon beim Checkin drauf hingewiesen, dass ich am nächsten Tag umziehen müsse, wollte ich noch eine Nacht länger bleiben. Du Beau und Grand Canyon stehen unter gleicher Führung, was die Sache unkompliziert macht. Auch qualitativ tun sich die beiden nicht viel, beides sind gemütliche, genau im richtigen Maß heruntergekommene - aber nicht schäbige - Häuser mit hosteltypischem Flair und freundlichem Personal. Nach vollzogenem Beherbungswechsel erleichtere ich meine Kreditkarte um 80 Dollar und beschwere mein Reisegepäck im Gegenzug um ein paar GoreTex-Schuhe aus besagtem Outdoorladen vom Vorabend. Dann erwecke ich Joe aus dem Winterschlaf und mache mich noch einmal auf den Weg zum Grand Canyon, dieses mal allerdings über die östliche Route in Form des Highways 89. Die Strecke ist deutlich stärker befahren als die des Vortages und auch landschaftlich ein wenig abwechslungsreicher. Nach Querung eines kleinen Höhenzuges passiere ich eine weite Ebene, bevor ich am Südrand der Painted Desert in eine mit roten Felsen übersehte Lucky-Luke-Landschaft gelange. Die Vorstellung, dass hinter jedem dieser Felsen ein Indianer hervorspringen könnte, ist nicht ganz abwegig, denn die Painted Desert gehört in der Tat zum Navajo-Reservat. Im Örtchen Cameroon, in dem ich die 89 verlasse, um meine Fahrt auf Highway 64 fortzusetzen, wird allerdings deutlich, dass die Navajos die Tipis längst gegen leicht heruntergekommene Barracken und das stolze Ross gegen rostigen, in die Jahre gekommene Straßenkreuzer getauscht haben. Der Ort wirkt trostlos und wenig einladend. Im weiteren Verlauf der 64 mache ich noch einen Zwischenstop an der Schlucht des Little Colorado River, einem kleinen Nebenarm des Grand Canyons, “nur” ca. 1000 Fuß tief und in Folge dessen nahezu unbeachtet. Am dazugehörigen Indianerstand decke ich mich mit Traumfängern für die Daheimgebliebenen ein und halte ein kleines Schwätzchen mit dem angenehm unaufdringlich-freundlichen Navajo. Wir unterhalten uns über die Tradition der Traumfänger, deren Stil sich wie ich erfahre von Stamm zu Stamm unterscheidet. Kurz danach erreiche ich den Nationalpark über den Osteingang. Mein erster Zwischenstop liegt am Desert View Point. Leider ist der Tag ein wenig trüb und die Sicht etwas eingeschränkt, so dass der in der Ferne (geschätzte 50 km) erkennbare Berg leicht im Dunst verschwimmt - so denke ich mir zumindest, als ich von der Aussichtsplattform des Watchtowers meinen Blick über die Weiten der Painted Desert schweifen lasse. Als ich wieder unten bin, sehe ich an einer Aussichtskanzel eine Übersichtstafel. Auf dem Panoramafoto finde ich über dem gesehenen Berg von gerade eben den Hinweis: “Navajo Mountain (distance: 90 miles/154 km)” . So kann also die Wüste, ohne jegliche Anhaltspunkte zur Abschätzung von Entfernungen täuschen... Meine Fahrt geht weiter, mit Zwischenstops an mehreren Aussichtspunkten und einem kleinen Museum. Eines der Ziele des Tages ist es, den am Vortag nicht mehr geschafften Teil des West Rim Drives von Hopi Point bis Hermit's Rest noch abzuhaken. Nachdem dies getan ist, ist es auch schon wieder an der Zeit, sich einen Sunset Point zu suchen. Ich habe mich dieses Mal für Grandview Point entschieden, wo ich gerade noch rechtzeitig eintreffe. Es ist dieses Mal zwar nicht ganz so spektakulär wie am Vortag, aber allemal sehr nett. Als die Dunkelheit beginnt, den Canyon zu verschlucken, mache ich mich mit Joe zurück Richtung Flagstaff. weiter...