Von Cape Otway zu den 12 Aposteln
Weiter geht es, zunächst zurück auf die Great Ocean Road. Unsere Reiseliteratur empfiehlt im Folgenden einen Abstecher zum Ship Wrecker Beach, was uns wenig später in Teufels Küche bringen wird. Der folgende, mit wassergebundenem Schotter befestigte Streckenabschnitt wird Ben so einige Male den Angstschweiß auf die Stirn treiben – weniger in Sorge um sich als aus dem Grund, dass er (berechtigte) Bammel um unser Fahrzeug hat. Da ich normalerweise statt an viermal 20 cm Reifenbreite eher an zweimal 3,7cm gewöhnt bin, diese zudem mit 6 Bar Druckluft gefüllt sind, und mein sonst übliches Gefährt über keinerlei Stoßdämpfer verfügt, bin ich es einfach gewohnt, die Straße unter mir sehr direkt zu spüren*. Meine daraus resultierende und zugegebenermaßen vielleicht etwas zu optimistische Einschätzung geht deshalb häufig eher in Richtung "Da geht noch was...". Nach ca. 10 Kilometern auf übelst ausgewaschener Piste taucht eine steile, schmierige Gefällestrecke mit einem Hinweisschild "Road Narrows" vor uns auf. Wir beschließen, den Camper abzustellen und die letzten 2 km dann doch besser zu Fuß zurückzulegen. Am Ende der Straße führt eine kleine Treppe die Steilküste hinab an den Strand. Unten finden wir uns in Unmengen tosenden Schaums wieder, den der Wind uns um die Ohren weht – der Strand trägt den Namen "Devil's Kitchen" also nicht zu Unrecht. Wider Erwarten gelingt es uns im Folgenden die meter-tiefen Schlaglöcher die uns von der ausgebauten Hauptstraße trennen, ohne größere Schäden an Fahrwerk oder Unterboden zu bewältigen. Zurück auf der Great Ocean Road stellen wir fest, dass unsere Benzinvorräte langsam zur Neige gehen. Lavers Hill sieht auf unserer Karte nach einem stattlichen Ort aus. Außerdem zweigt dort eine Straße ab, es sollte also eine Tankstelle geben, so denken wir. Als wir irgendwann auf besagte Kreuzung treffen und außer zwei oder drei Häusern nichts erblicken, fangen wir an zu zweifeln und sehen uns schon liegen bleiben. Als ich gerade in das gegenüberliegende Rasthaus gehen will um zu Fragen, stelle ich vor, dass gut getarnt vor dessen Tür eine Zapfsäule steht. Puh, Glück gehabt! Merke: Tankstellen sind hier nicht zwingend auf Anhieb als solche zu erkennen. So allmählich ist uns nun aber doch mal wieder nach Duschen, und somit beschließen wir am Abend mal einen Campingplatz mit etwas Infrastruktur anzusteuern. Unsere Karte und die Straßenbeschilderung sind sich einig, dass Princetown einen ebensolchen bietet, ferner finden wir, dass der "Ort" (oder wie man in Mitteleuropa sagen würde: die handvoll Häuser im nirgendwo) am nächsten Tag einen prima Ausgangspunkt für den Besuch der 12 Apostel darstellen würde – wie wir uns sagen lassen haben einem der Highlights der Great Ocean Road. Wir finden auch so etwas, das ein bisschen aussieht wie ein Campingplatz. Immerhin steht auf der einsamen Wiese mitten in der Pampa zumindest ein verlassener Wohnwagen. Ein Schild am verschlossenen Sanitärgebäude verrät uns, dass dieser dem "Carekeeper" gehört. Leider keept dieser aber gerade nicht care, sondern hat sich wahrscheinlich über den Winter in den sonnigen Norden abgesetzt. Als ich mich umdrehe und zurück zum Auto gehe, entdecke ich auf der anderen Seite der Wiese dafür im Halbdunkel der fortgeschrittenen Dämmerung jede Menge braune Punkte. Beim Näherkommen stelle ich fest: etwa 1,50 m hoch, langer Schwanz, Beutel. Ich beschließe, dass das wohl eine Kängurukolonie sein muss. Ich zücke also den Fotoapparat und schleiche mich an. Als ich bis auf ca. 20 Meter heran bin werde ich bemerkt, was in einem Riesengehüpfe ausartet. Schnell werden noch ein paar Bilder in Loch-Ness-Qualität geschossen. Zu diesem Zeitpunkt – man merke sich für später – lösen die Hoppelviecher noch eine infantile Begeisterung bei uns aus. Campingplatz 2. auch dunkel. Ebenso dunkel ist das vorgelagerte Post-Kiosk-Rezeptions-Universal-Gebäude mit Zapfsäule. Also weiter nach Port Campbell. Dort haben sie noch die Lampen an. Nach dem Check-In können wir uns erfolgreich ins Campingplatz-WLAN einloggen. Man muss Prioritäten setzen: 3 Tage ohne Dusche geht, aber 3 Tage ohne Internetzugang – das ist schon wirklich hart. Nachdem wir unseren Status auf Facebook aktualisiert und rudimentären hygienischen Maßnahmen (Mein Mitreisender hat sich sogar Teilen seiner Gesichtsbehaarung entledigt, was ich persönlich aber schon fast für ein wenig zu viel des Guten halte), erkunden wir die Küche und stellen fest, dass diese sogar den Luxus eines Ceranfeldes bietet. Wir beschließen (O-Ton Ben) "mal richtig aufwendig zu kochen" und machen uns Nudeln mit Tomatensoße. Passt auch prima zu Cabernet Sauvignon...
_______
*In vielen anderen Situationen bin ich im Übrigen hingegen sogar leicht im Vorteil: Mit der linken Hand Gänge zu wechseln, stellt für mich beispielsweise keine Abweichung von der Norm dar - auch wenn ich bis heute nicht verstehe, warum die Automobilindustrie nicht endlich den Vorteil der enorm flink und präzise zu bewerkstelligen Gangwechsel bei Verwendung von Rapidfire-Schalthebeln erkennt und diese nicht auch außerhalb der Formel 1 verbaut ;-) ).
weiter...