Welcome to the Great Ocean Road!
Am nächsten Morgen erfahren wir als wir von einem kurzen Strandspaziergang zurück kehren, dass unsere Übernachtung grob gesetzeswidrig war. Zum Glück ist der Nationalpark-Ranger so entspannt, wie man sich das von einem echten Aussie gemeinhin vorstellt. Statt einer saftigen Strafe erhalten wir eine Übersichtskarte über kostenlose Campingplätze entlang unserer geplanten Route. Und die hat einiges zu bieten: Wenige Kilometer hinter unserem Übernachtungsplatz erreichen wir einen großen die Straße überspannenden hölzernen Torbogen, der uns den ganz offiziellen Beginn der Great Ocean Road verkündet. Der Fotostopp dauert etwas länger, da wir eine Lücke zwischen den Japanerbussen abpassen müssen. Irgendwann bekommen wir es dann aber doch hin, uns werbewirksam vor dem Bogen ablichten zu lassen ohne dass dieser durch andere Fotofreunde verdeckt wird. Die nächsten gut 100 Kilometer sind wahnsinnig spektakulär und somit beneide ich Ben kein Stück darum, dass er mit fahren dran ist. Die Straße windet sich immer direkt an der Küste entlang und unter uns krachen die Wellen des südlichen Ozeans in den Kontinent. Obwohl Winter ist, haben wir schönstes Sonnenscheinwetter und in der Gischt der Brandung bilden sich bunte Regenbögen. Wir machen einen Zwischenstopp am Split Point Lighthouse und machen einen kleinen Spaziergang hinab an den Strand. Bei Lorne machen wir dann noch einen kurzen Abstecher landeinwärts in die Otway Ranges. Es ist beeindruckend, wie sich die Vegetation wenige Kilometer landeinwärts schlagartig ändert. Nach einem langgezogenen Anstieg geht es auf steiler Straße hinab zu den Erskine Falls. An den Wasserfällen gibt es dichten Kaltregenwald mit monströsen Farnen. Danach geht es wieder zurück an die Hauptstraße und weiter die Küste entlang nach Apollo Bay, wo Proviant aufgefüllt wird, denn ab hier verläuft die Great Ocean Road etwas landeinwärts und die Besiedlung wird dünner. Nach etwas Geschlängel durchs Landesinnere biegen wir auf die Stichstraße zum Cape Otway Lighthouse ab, wo wir mit 38°51'04''S den südlichsten Punkt unserer Reise erreichen. Für das Nachtlager haben wir den Blanket Bay Camp Ground auserkoren, der sich wenige Kilometer nördlich des Kapps befindet. Um zu ihm zu gelangen, müssen wir uns auf fragwürdiger Piste noch gute 5 Kilometer durch den Wald schlagen. Der Campingplatz ist naturnah gehalten, die Infrastruktur besteht lediglich aus ein paar Parkbuchten, einem Plumpsklo und einer Wasserzapfstelle. Außerdem gibt es Eingeborene: Sie sind ca. 1,35m groß, bewaffnet, und sehr scheu. Ben gelingt es dennoch Kontakt aufzunehmen, als einer derselben beim Feuerholz sammeln an unserem Camper vorbeikommt. Sie scheinen unseren Bus zu mögen. Alle Kinder mögen unseren Bus. Bei Wein und Nüssen klingt der Abend gemütlich aus. Dummerweise haben wir mal wieder eine Flasche Rotwein zu wenig gekauft, bevor wir uns der Zivilisation entzogen haben, so dass wir brüderlich teilen müssen... Der nächste ernstzunehmende Ort ist das mittlerweile schon ca. 20 km Luftlinie entfernte Apollo Bay. Wir beschließen deshalb, am nächsten Morgen, dass Blanket Bay der ideale Ort ist, um uns auf eine Wildtiersafari zu begeben. Somit machen wir uns am frühen Morgen auf einen kurzen Spaziergang, ein paar Kilometer vom Campingplatz weg, den Great Ocean Hike entlang. Leider beschränkt sich die Ausbeute auf unserer Wanderung auf "irgendetwas das ins Gebüsch hineingesprungen ist". Ich interpretiere den flüchtigen Schatten, der raschelnd im Dickicht verschwunden ist, optimistisch als Känguruh, gebe aber offen zu, dass es sich genauso gut um ein ordinäres Karnickel oder den Yeti gehandelt haben kann. Das etwa 1,50 m hohe Viech, dass bei unserer Rückkehr direkt neben unserem Camper im Gebüsch sitzt, ist hingegen ganz zweifelsfrei ein Riesenkänguruh. Hektisch werden Fotos gemacht. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Wildtier speist so nah? weiter...