Melbourne
Mittlerweile befinden wir uns 1 1/2 Tage auf australischem Boden. Bei einem Ausflug nach St. Kilda Beach habe ich bereits ein Highlight der endemischen Tierwelt erblicken können: Auf der Hafenmole tummelt sich eine Zwergpinguinkolonie. Weniger positiv war mein Versuch, mich beim Frühstück den örtlichen Ernährungsgewohnheiten anzupassen. Vegemite-Creme (eine Pampe, die im wesentlichen aus Hefeextrakt besteht) schmeckt wirklich noch widerlicher als ich das von meinem ersten Selbstversuch bei einer australischstämmigen Freundin in Deutschland in Erinnerung hatte. Das Känguruhsteak, das ich ein paar Tage später zum Abendessen verzehre, ist da schon deutlich leckerer. Melbourne selbst gilt diversen Studien nach als eine der lebenswertesten Städte der Welt. Im Zentrum wird man sich hierüber zunächst wundern, denn der Central Bussiness District gleicht im wesentlichen einer amerikanischen Großstadt: Wolkenkratzer im Schachbrettmuster und irgendwo am Rand Chinatown. Die Gastronomiepreise sind gesalzen, die Qualität des Angebots variiert zwischen "ganz ok bis gut" und "pfuideibel". Verlässt man den CBD allerdings, so findet man sich recht bald zwischen ein- bis zweigeschossigen Altbauten in viktorianischem Stil wieder, die durch erfreulich viele größere Grünflächen aufgelockert werden. In einer von ihnen findet man Cook's Cottage, ein aus Yorkshire hier her geschifftes kleines englisches Landhaus; In einem anderen, dem Royal Albert Park, wird ein riesiger See von Melbourne's Formel 1 Rennstrecke umrundet, auf der im Alltag allerdings ganz normaler Verkehr fließt. In einer guten halben Stunde ist man mit der Stadtbahn in St.Kilda Beach, wo man im Sommer in der Bucht von Melbourne (und vermutlich auch in Menschenmassen) baden kann. Das Melbourne Convention and Exhibition Center ist ein moderner Glasbau direkt am Yarra River und bietet den angenehmen Komfort eines topmodernen Konferenzzentrums mit hervorragender Akustik, leichter Orientierung und tadelloser WLAN-Abdeckung. Hier verbringen wir die kommenden 1 ½ Wochen im Dienste der Wissenschaft, aber damit möchte ich hier niemanden langweilen. Hin und wieder werden nach der Arbeit oft noch sogenannte "Refreshments" angeboten, was nichts anderes bedeutet, als dass sich irgendwo im Foyer eine Hand voll Leute mit Tabletts versteckt hat, die mit Pies oder Weingläsern bestückt sind. Bei letzteren heißt es dann, sich ranzuhalten, um zwei bis drei Gläschen zu ergattern; nicht nur wegen der relativ saftigen Getränkepreise in der örtlichen Gastronomie, sondern auch, weil Konferenzverhältnisse meiner Ansicht nach zum Teil durchaus beachtliche Tropfen geboten werden. Wie vertieft wir während der Konferenztage in die Vorträge und Fachdiskussionen gewesen sein müssen, stellen wir am 5. Juli 2011 fest: "QUAKE HITS VICTORIA" prangt an jenem Tag in großen Lettern auf der Titelseite des Herald. Eine alsbald durchgeführte Recherche auf der Website des U.S. Geological Survey bestätigt ein Ersbeben der Stärke 4,6 mit Epizentrum nur ca. 100 km südlich von Melbourne. Gemerkt hat es im Konferenzzentrum kaum jemand. An weiteren geophysikalischen Abnormitäten wird uns ferner in der Nacht vom 28. auf den 29 Juli eine dicke Nebelsuppe geboten, die die Spitzen der Wolkenkratzer verschwinden lässt. Auch hiervon wird am nächsten Tag ausführlich auf den Titelseiten aller Zeitungen berichtet, wodurch uns erst bewusst wird, dass dieses Wetterphänomen in Melbourne offensichtlich im Winter deutlich ungewöhnlicher ist als im fernen Kiel. Jedenfalls kann man sich nicht über mangelnde Naturphänomene beschweren, als der Didgeridoomann am 7. Juli zum Abschiedssong ansetzt. Nachdem dann noch alle Organisatoren den jeweils anderen Organisatoren gegenseitig für die Organisation der gelungenen Konferenz gedankt haben (Wenn man bedenkt, dass die Konferenz knapp 6000 Besucher hatte, und somit so einige Leute zur Organisation des ganzen erforderlich waren, kann man sich ausmalen, dass diese Prozedur ein ganzes Weilchen Zeit in Anspruch nimmt), ist unser Urlaub eingeläutet. weiter...